Arthur Schopenhauer (1788-1860):
„Der Mensch ist zwar frei, zu tun, was er will, nicht aber, zu wollen, was er will.“
Der Satz fasst die dilemmatische Erkenntnis in Worte, dass der Mensch sich subjektiv erfahrungsgewiss mit der Fähigkeit begabt sieht, sein Handeln einem eigenen, freien Urteilen und Entscheiden gemäss folgen zu lassen (und damit für sein Tun verantwortlich zu machen ist), während er doch objektiv Teil des allgemeinen Waltens der Natur und ihrer Gesetze ist, den artspezifischen Wesenszügen und Eigenschaften und ihrer Trieb- und Motivationsstruktur unterliegt, vom familiären und individuellen Erbe an physischen, seelischen und intellektuellen Anlagen und deren (tatsächlicher) Förderung und Entfaltung durch Milieu, Erziehung und Bildung und vom Verlauf des bisher realisierten Lebens geprägt ist und in der jeweiligen Gegenwart in unbestimmtem Grade sowohl den beabsichtigten wie den beiläufigen Beeinflussungen durch Gesellschaft, Kultur, Medien, Technik und den aktuellen Zeitgeist ausgesetzt ist.
Je nach Bedarf aber wird die Entscheidungsfreiheit geleugnet, je nach Herkunft und Ontogenese will sich brachialer Gewaltwille manifestieren: daher müsste das Regulativ einer humanistisch-säkularen, vernunftgeprüften Ethik auf allen lebenswirklichkeitsrelevanten Ebenen unumgehbar etabliert werden, der Mensch also veranlasst werden, seine Wolfsnatur zu sublimieren und in sozialer Hinsicht zu tun, was er wollen sollte.
Ein Gräuel sind mir alle Appelle politischer Agitatoren, die bei jeder Gelegenheit den vermutlich kaum reflektierten und bewusst indifferent plakatierten Begriff der „Freiheit“ pathetisch beschwören, de facto aber – dürftig durch selbstgerechte Rechtschaffenheitsattitüde verschleiert – nur den philiströsen, spiritualitätsfernen Hang zum freien Ausleben von Egoismus, Krämermentalität, Konsumismus und Körperkult im Sinn haben.
Von Bernhard Benz, Kaltbrunn, November 2009