Also singt Mammalustra 

Also singt Mammalustra 

Von Bernhard Benz

Euch künd’ ich, ihr Schwestern, das Morgenrot an,
Abstürzet tyrannischer, männlicher Wahn.
Ihr Recken, herab! – Ihr Gecken, ins Grab!
Du Männlich-Geblähtes, wir takeln dich ab!
Des Mannes Vermächtnis sind Gier, Gift und Geld,
Verpfuschte Historie, gepeinigte Welt.

Die Cäsar, Bonaparte, die Hitler, Stalin …,
Im Blutrausch zu Herrschaft, Krieg, Knechtung, Ruin:
Das Machtpathos siegt – und Eros erliegt,
Wo männlicher Logos den Weltlauf sich biegt!
Big Business, globale Kloake, Gewalt:
Das Dasein des Menschen ward sinnlos und kalt!

Hört, Schwestern, ich künde die Wende nun an,
Der Untergang dämmert dem herrschenden Mann!
Verlacht wird ab Stund – soldatischer Bund,
Die Jagd nach den Dingen, der phallische Grund!
Wir werden gebührend den Mannesdienst lohnen:
Inskünftig es halten wie Bienen mit Drohnen!

Die Frau jetzt willfahret dem eigenen Ziel,
Der Männer Los neu wird bestimmet: sie will!
Du triffst einen Mann? – Denk, Schwester, daran:
Vergiss nicht die Peitsche, lass fühlen den Rang!
Hat Männlein ein-, zweimal besamt, wird’s kastriert,
Im Heim „Pax aeterna“ gezähmt und kuriert.

Und Zärtlichkeit wärmt und aufblühen die Au’n,
Die Welt ist ein lachender Reigen der Frau’n,
Und schwesterlich liebt, – geschwisterlich gibt
Die eine der andern, die Freude allsiegt. –
Auf, Schwestern, Frau, Freundin, vom Sockel den Hahn
I: Wir stürzen noch heute, den Gockel, den Mann! :I (2x)
Wir stürzen – noch heute – den Gockel –, den Mann!

(Kriessern, 1982: Idee und Urfassung; Kaltbrunn, 2007: partielle Neuformulierungen in den Strophen zwei bis vier)

(„Also singt Mammalustra“ wurde 1982 in feministischer Aufbruchstimmung – wenn auch etwas ironisch gebrochen – erdrechselt; doch seither haben imperialistischer Wirtschaftsliberalismus, technologischer Absolutismus und atavistischer Terrorismus die Welt in einen irrwitzigen Dekadenzstrudel gerissen, der auch das beste Weiblichkeitliche nicht davor verschont, mit hinabgesaugt zu werden.)

Das Gedicht kann – oder soll gar vielleicht mit Gewinn – zur nachfolgend abgebildeten Melodie gesungen werden. Diese ist von dem in der „Ebermannstädter Liederhandschrift“ aufgezeichneten barocken Bauernlied „Mit wunder jezunder …“, dessen Metrum unser Gedicht nachgebaut ist, übernommen (Quelle: „Zupfgeigenhansel“). Für einen aufrührerischen Vortrag empfiehlt es sich, ausser Gitarre auch eine Handtrommel einzusetzen, die den 1. und 4. Viertel jedes Taktes akzentuiert. Ist vielleicht sogar eine witzige Combo bei der Hand, die sich auf das Persiflieren einer B.-Brecht/Hanns-Eisler-Moritatenmanier einlassen will? Erprobt werden müsste u. U. auch, ob die Gesamtwirkung erfrischender ausfiele, wenn z. B. die Strophen zwei und vier – bei hintergründig piano unterlegt instrumental durchgespielter Melodie – sprechgesanglich deklamiert würden.

 

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